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  • Thema von Admin im Forum Forum Ideengeschichte

    Ob Kunstgeschichte das ganz Andere der Ideengeschichte darstellt oder Bilder nicht auch eigenständige Produzenten und Akteure von Ideen und Konzepten sind und aus dieser Sicht zwischen Ikonologie und Ideenforschung doch grundsätzliche Entsprechungen bestehen, ist durch die vielfältigen Wendungen der Bildwissenschaft in jüngerer Zeit erneut zum Thema geworden.

    Methodisch und auch historiographisch ist diese Frage mit Blick auf das kuratorische Format der Großausstellung besonders ergiebig. Ebenso wie Nationalgalerien oder "ständige Ausstellungen" sind auch Großausstellungen nicht nur Abbilder von Ideen und Konzepten, so konzise die Vorstellungen des Kurators vorab auch gewesen sein mögen. Die Ausstellung, die Sammlung, das Parcour entwickelt im Prozess der Entstehung vielmehr ein Eigenleben.

    Als Produzenten von Wissen sind Ausstellungen ideengeschichtliche Forschungsgegenstände avant la lettre. Besonders jene Ausstellungen, die als Institutionen zyklisch wiederkehren und in regelmäßigen Abständen einen Überblick über die Gegenwart liefern, sind Gegenstände der Ideengeschichte. Ob Große Deutsche Kunstausstellung oder documenta - jedes dieser Mammutprojekte ist retrospektiv und prognostisch zugleich und schon darin ein Spielraum der Begriffe, Werte und Vorstellungen.

    Europaratsausstellungen sind für diese Art ideengeschichtlicher und auch diskursanalytischer Fragen so herausragende Fälle, weil deren ausdrücklicher Anspruch zugleich historisch-konservierend und ideell sinnstiftend war. In diesem Format überregional wirksamer Events alternativ zu nationalen Traditionen eine grenzenübergreifend wirksame europäische Identität zu schaffen, indem für das gemeinsame kulturelle Erbe Europas sensibilisiert wurde - dieses Konzept ließ zahlreiche Überschneidungen kunst- und kulturhistorischer Forschungsparadigmen mit sich wandelnden politischen Vorstellungen europäischer Integration zu.

    Überraschend ist, dass die Kataloge dieser Ausstellungen - ihrem Anspruch folgend - zum Teil explizit ideengeschichtlich argumentierten bzw. Autoren gesucht wurden, die den monumentalen Anspruch dieser Ausstellungen methodisch durch die Ideengeschichte einzulösen vermochten. Eine Aufarbeitung der Europaratsausstellungen in ideengeschichtlicher Absicht ist daher mehr als nur die methodische Entscheidung einer retrospektiven Aufarbeitung. Sie liefert unmittelbar auch archivalisch wesentliche Ergänzungen einer Bibliographie der Ideengeschichte im 20. Jahrhundert.

    Texte wie die des schweizerischen Rechtskonservativen Gonzague de Reynold im Katalog zur Europaratsausstellung "Europäisches Rokoko" (München 1958) belegen sogar eine politische Geschichte der Ideengeschichte. Sie deuten prägnant an, dass auch oder gerade diese Methode als Überblicksdarstellung zum Teil erheblichen ideologischen Wandlungen unterworfen war. Die politischen Gegensätze ihrer Rezeption und Anwendung bestehen bis heute fort.

    Als Teil der Ideenpolitik im 20. Jahrhundert stellen Europaratsausstellungen in ihren Texten, Bildern und als historische Momente einen besonders vielseitigen Forschungsgegenstand dar, der nicht zuletzt die Kunst- und Bildgeschichte mit der Ideengeschichte integriert und diese in ihren Entsprechungen exemplarisch sichtbar werden lässt.

  • ARCHIV-REPORTER 008: "EINE FESTE BURG!"Datum19.08.2011 13:37
    Thema von Admin im Forum Forum Ideengeschichte

    Glaube in Deckung? Bunkerkirchen und Betonkapellen nach 1945 in Deutschland
    Der so genannte "Betonfelsen", die Wallfahrtskirche von Neviges/ Velbert/ Deutschland (Architekt: Gottfried Böhm, 1968) ist nur das prominenteste Beispiel für eine Reihe von sakralen Bauwerken, in denen sich der ästhetische Anspruch eines Gotteshauses, Ort der Begegnung mit dem Heiligen zu sein, in Formen der Militärarchitektur und des Brutalismus erfüllte. Bereits Anfang der 1960er Jahre beginnt Heinz Rall mit den Entwürfen für das evangelische Gemeindezentrum Sommerrain/Stuttgart/Deutschland, das ähnliche trotzig-martialische Formen des Bunkerbaues in die Kirchenarchitektur überführte.

    Der Bau von Rall besticht auch durch den bemerkenswerten, minarettartig schlanken Glockenturm. Wie auch der Versammlungsraum scheint der Turm wie ein Eisberg nur einen kleinen Teil seiner selbst zu zeigen. Der Gedanke an Kirchtürme, wie sie in Saalkirchen üblich sind, lässt den Unterbau dieser Turmspitze unterhalb der Erdoberfläche vermuten und trägt auch dadurch zu der unheimlichen Monumentalität des des Baues bei.

    Bauformen wie diese sind nicht nur Ausdruck wechselnder Richtlinien in der Kirchenbaukunst des 20. Jahrhunderts. Sie lassen auch Rückschlüsse auf eine Bild- und Ideengeschichte der Spiritualität zu. Sie scheint im Falle der Bunkerkirchen von Neviges und Stuttgart oder auch weit späterer Objekte wie der berühmten Autobahnkirche in Baden-Baden (1978) eine Phänomenologie der Bedrohung zu erzählen, die Zugänge zu einer Psychologie der Architektur im Kalten Krieg bereithält.

  • ARCHIV-REPORTER 006: "RAUMFRAGEN!"Datum11.07.2011 21:04
    Thema von Admin im Forum Forum Ideengeschichte

    "Satellitenraum" und "Großraumordnung"?
    Gründungen wie das "Deutsche Büro für Friedensfragen" scheinen Teil einer Institutionengeschichte der Globalisierung zu sein. Zumindest der von Heike Heuser gefundene Text "Bolschewismus und Kirche im Satellitenraum" von 1950 deutet darauf hin, dass sich der Kalte Krieg nicht lediglich in der Pflege und Verschärfung von Oppostionsschemata erschöpfte. Oder gehört es gerade zu diesem Freund-Feind-Denken, sich eines Denkraums der großen "Lage" zu versichern? Die Schrift über den "Satellitenraum" sekundiert der 1941 erschienenen "Völkerrechtlichen Großraumordnung mit Interventionsverbot für raumfremde Mächte" von Carl Schmitt, der diese Linie in der Nachkriegszeit zeitgleich zu der Studie des "Deutschen Büros für Friedensfragen" mit der Schrift "Der Nomos der Erde im Völkerrecht des Jus Publicum Europaeum" 1950 fortsetzte. Der seltene Text aus der Sammlung der Universitätsbibliothek Marburg passt auch zu Veröffentlichungen des Schmitt-Schülers Rüdiger Altmann über "Die Erdkarte als Weltbild" (1954) - Publikatikonen, die so genannte "Standortbestimmungen" der weltanschaulichen Auseinandersetzungen der deutschen Nachkriegszeit als Teil einer Ideengeschichte der Globalisierung erscheinen lassen.

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